Waffen
Das Lange Schwert
Das Lange Schwert ist wahrscheinlich die wichtigste Waffe der liechtenauerschen Fechttradition und steht beim Zornhau-Training im Mittelpunkt. Der Terminus des Langen Schwertes bezeichnet sowohl die besonders lange, mächtige Hieb- und Stichwaffe, als auch die Haltung und Handhabung derselben zu Fuß, mit beiden Händen fest am überlangen Gehilz. Im Gegensatz zur landläufigen (wohl von den Bidenhändern der Renaissance eingetrübten) Meinung über Zweihandschwerter sind diese Waffen trotz ihrer Größe bis zu 135 cm gut ausgewogen und selten schwerer als 1500-2000 Gramm. Die “Kunst des langen Schwertes” in der Tradition Johannes Liechtenauers ist ein schnelles, aggressives, hochkomplexes wie effektives Fechtsystem, bei dem alle Distanzen, vom weiten Zufechten bis zum harten Ringen im Nahkampf, abgedeckt werden. Fünf Basiskomplexe (die “5 Hiebe”, welche keineswegs aus nur fünf Schlägen bestehen!), zwölf weiterführende Lektionen (so genannte “Stücke”) sowie allerhand bewaffnete Ringkunst bilden den Kern dieses Systems. In den historischen Quellen finden sich die gleichen strategischen Grundprinzipien, die man auch von ernsthaften modernen Nahkampfsystemen kennt: “Vor vnd nach” (Initiative und Timing), “Swech vnd sterck” (Kraftvektoren, Druck), “leng vnd masse” (Distanzgefühl, Verhältnismäßigkeit) und “indes”. Vor allem bei Letzterem handelt es sich um einen sehr fundamentalen, aber schwer übersetzbaren Terminus, der sowohl Gleichzeitigkeit als auch taktile Wahrnehmung und einen Zustand der reagierenden Gegenwärtigkeit umschreibt. Auffällig am Langschwertfechten ist außerdem, dass nicht allein die Klinge des Schwerts als Waffe angesehen wird, sondern auch das Kreuz, der Griff und der Knauf (“Knopf”) zum Hebeln, Reißen und Werfen benutzt wird. Als Sonderweg des Schwertfechtens und als in sich geschlossenes “Kampfsystem im Kampfsystem” darf das Halbschwertfechten in gotischer Plattenrüstung angesehen werden. Ausgehend von der Tatsache, dass ein schwer gepanzerter Gegner durch normale Hiebe und Schnitte kaum verletzt werden kann, entwickelten unsere Altvordern einen Fechtstil, bei dem das zweihändige Schwert mit der linken Hand an der Klinge gefasst wird, was einen erstaunlich starken Hebel bei der Klingenbindung erzeugt. Solchermaßen umfunktioniert wird die Waffe unter Zuhilfenahme von Hebeltechniken, Knaufschlägen und dem Ringen in die Blößen der Rüstung, vor allem an den Gelenken, angesetzt um den Gegner sodann in seiner Rüstung aufzuspießen.
Schwert und Buckler
Das Fechten mit dem Schild mit Buckel und dem Schwert reicht bis in die Zeit des Altertums zurück. Bei Zornhau werden die Lehren mit dieser Waffenkombination von Mitte des 12. Jahrhunderts bis in die Renaissance untersucht und gelehrt. Dabei konzentrieren wir uns auf die Kombination eines kleinen bis mittleren Rundschilds mit Buckel. Diese wurden zusammen mit einem einhändig geführten Schwert oder langen Messer als zusätzliche Wehr verwendet. Auf dem Schlachtfeld waren dies zumeist Schützen, aber auch Spießträger. Das kleine Schild, der Buckler, wurde zusammen mit dem Schwert am Gürtel getragen. So hatte man beide Hände für eine Fernkampfwaffe oder einen langen Spieß frei.
Die Rekonstruktion des Fechtens vor dem 13. Jahrhundert basiert auf den Erwähnungen im Manuskript des I.33, Royal library Museum, Bildquellen und literarische Schilderungen von Kampfszenen. Das Fechten im 13. Jahrhundert wird durch das Manuskript I.33 geschildert, das Fechten des 15. Jahrhunderts durch Schriften von Hans Talhoffer und Andres Liegnitzer. Dazu kommt noch das Fechten der Renaissance basierend auf Italienischen Quellen. Diese jeweiligen Lehren werden einzeln betrachtet und auch einzeln gelehrt, da sie sich neben den Überschneidungen eine Vielzahl von Besonderheiten haben. Jeder Lehre ist ein eigenes Curriculum gewidmet, so dass ein gutes Verständnis gewährleistet ist.
Der Scheibendolch
Beim mittelalterlichen Scheibendolch (im zeitgenössischen Sprachgebrauch der Quellen als “Degen” bezeichnet) handelt es sich um kurze Waffen mit einer massiven und spitzen, drei- oder vierkant-profiligen Stoßklinge. Runde Stichblätter bieten der Hand guten Halt. Scheibendolche waren sowohl reich verziertes Statussymbol, das als Alltagsutensil an keinem spätmittelalterlichen Männergürtel fehlen durfte, als auch grobe Kriegswaffen, die die Ausrüstung der Soldaten komplettierten. Im Gegensatz zum modernen Combat-Knive des modernen Messerkampfes ist der mittelalterliche Scheibendolch keine Waffe, mit der viel geschnitten wird. Vielmehr wird der Dolch in vielen (wenn auch nicht in allen) Fällen im Rückwärtsgriff gehalten und primär zu kraftvollen Stößen verwendet. Die linke Hand dient zum Blocken und Fangen des gegnerischen Dolcharms, wobei auch hier Timing, Initiative und Distanz entscheidende Größen sind. Der Dolchkampf wird durch ein kraftvolles Ringkampfsystem ergänzt, das die Destabilisierung (und manchmal auch die Entwaffnung) des Gegners zum Ziel hat. Neben der Selbstverteidigung hat der Dolch auch seine Berechtigung als Beiwaffe zum Langen Schwert und zum Langen Messer. Im Rüstungskampf ist der Dolch das rettende Werkzeug in scheinbar ausweglosen Situationen innerhalb der ganz nahen Distanz und so manches ritterliche Duell wurde nicht mit dem Schwert, sondern während des Bodenkampfes durch einen im Helmvisir steckenden Dolch entschieden …
Ringen
Die Waffen, mit denen der Mensch von der Natur von Geburt an beschenkt ist, sind seine Muskeln, seine Knochen, seine Fäuste. Doch auch hier will die Waffe erst einmal geschmiedet, der Umgang mit ihr trainiert sein. Das mittelalterliche Ringen war sowohl geselliger Sport als auch, in seiner verschärften Form, kompromisslose und “straßentaugliche” Selbstverteidigung. In der gezähmten Variante des “Schlossringens” zeigt es sich als ein Judo-ähnlicher Kampfsport, bei dem versucht wird, den Gegner durch Griffe, Hebel und gekonnte Beintechnik zu fixieren und zu werfen. In der ernsten Form ist Ringen brutale Rauferei, die auch vor Gelenkbrüchen, Unterleibstritten und Augenstechen nicht Halt macht. Das Ringen existiert sowohl als eigenständige Kampfkunst als auch als Teil der üblichen mittelalterlichen Waffenkünste. Sobald ein Gefecht eine gewisse Distanz unterschreitet, wird daraus zwangsweise ein Nahkampf, bei dem Ringkenntnisse und -fähigkeiten gefragt sind. Folglich finden sich zahlreiche Ringstücke in den Quellen, die die Arbeit mit der Waffe ergänzen.
Sonstige Waffenkünste
Zornhau bietet dem Neugierigen die Möglichkeit, sich auch mit historischen Waffenkünsten zu beschäftigen, die nicht im offiziellen Trainingsplan erwähnt werden. Diese werden von Projektgruppen während des so genannten Studiums (einer thematisch freien Trainingseinheit) und Einzeltreffen recherchiert, interpretiert und trainiert. Da es sich hierbei um freiwillige Arbeit “nebenher” handelt, können Inhalt und Umfang dieser Projekte stark variieren. Bitte im Zweifelsfall einfach nachfragen!
Die Halbe Stange
Die so genannte “halbe” Stange ist mit knappen 2,2 Metern das kleinere Pendant zur über 4 Meter messenden “langen Stange” und eine Trainingswaffe der Renaissance. Die einfache Holzstange dient sowohl als Übungswaffe für grundlegende Prinzipien der Fechtkunst als auch als Simulator eines echten Spießes. Schnelle, weite Stiche und mächtige, geschleuderte Hiebe sowie raffiniertes Taktieren aus der Bindung machen das Fechten mit dieser Distanzwaffe aus.
Die Mordaxt
Die Mordaxt ist eine spätmittelalterliche Kombinationswaffe und kombiniert, ähnlich der Helparte, Merkmale der Axt, des Streithammers und des Speeres miteinander. Im Gegensatz zur Helparte jedoch ist sie um einiges kürzer und dadurch sowohl schneller im Gebrauch als auch Hebel-orientierter in den Kampftechniken. Vor allem für den Kampf in – und gegen – Rüstung optimiert, wird sie zum Schlagen, Stechen, Ansetzen (in den Rüstungsblößen), Reißen und Hebeln verwendet. Dementsprechend enthält der Mordaxtkampf einen nicht geringen Anteil an Ringerkunst. Die Mordaxt ist – ganz im Sinne ihres Namens – auch bei langsamem, kooperativem Gebrauch ein sehr gefährliches Trainingsgerät und nur etwas für den kraftvollen, trainierten Übenden mit fechterischen Vorkenntnissen.
Das Rapier
Während des 16. Jahrhunderts wurde die – ursprünglich aus Italien stammende – Rapierfechtkunst immer beliebter. Das Rapier ist ein leichtes und schlankes, einhändiges Fechtschwert mit zusätzlich applizierten Parierelementen am Gehilz, die sich im Laufe des 17. Jahrhunderts zu einem reich verzierten Korb entwickeln.