Harnischfechten Symposium, Lauchröden, ThüringenDi., 09.10.2018
Arne Koets hatte vom 06.-07. Oktober 2018 zum Harnischfechten Symposium eingeladen, um die verstreuten Praktizierenden dieser unterrepräsentierten Kampfkunst zusammen zu bringen, gemeinsam zu trainieren, Vorträgen zu lauschen sowie Erfahrungen im Umgang mit der Rüstung zu sammeln und auszutauschen.
In der Szene der Historischen Fechter gibt es Systeme, die stärkeren Zulauf haben, und solche, die eher eine Randerscheinung fristen.
Zum Teil mag dies einer subjektiven Attraktivität geschuldet sein, manchmal hat die Beliebtheit allerdings auch ganz harte Sachgründe, wie etwa beim Harnischfechten.
Benötigt man doch in letztlicher Konsequenz für die Ausübung dieser Variante historischer Kampfkunst einen Harnisch, der auch noch weitgehend auf den Träger maßgefertigt sein sollte, dazu passendes Unterzeug, das diesen trägt und alles in allem eine Investition darstellen kann, mit der man je nach Ausprägung einen kleinen bis mittleren Club für Langes Schwert vollständig ausrüsten könnte. Von der Wartung noch nicht einmal angefangen.
Auf Arne Koets Anwesen in Lauchröden, Thüringen kamen nun interessierte Harnischfechter aus der weiten Welt und in den verschiedensten Ausprägungen an Rüstungen zusammen. Vom 14.Jhd. Plattenrock zu spätgotischer Vollplatte, italienischen Importharnischen bis zu moderner HEMA Schutzausrüstung mit ergänzender Trainingsplatte war alles vertreten. Hier scheint eine kurze Erklärung angebracht: Für viele Techniken ist in ihrer endgültigen Ausprägung ein Harnisch wichtig. Für die Grundlagen und das prinzipielle Verständnis reichen auch einfache Trainingsvarianten, wie sie z.B. durch eine schwere HEMA Jacke oder einen Körperschutz aus Motocross oder Polizei gestellt werden können.
Den Anfang machte eine Trainingseinheit zum Unterhalten, dem Bodenkampf in Rüstung und den Einstieg in diesen. Der als Trainingsgrund dienende Reitplatz mit Teppichschnipseln tat hier einen guten Dienst, um die unvermeidlichen Stürze abzufangen. Schnell wurde klar, daß Fallen in Rüstung teilweise andere, aber oft auch höhere Anforderungen an Details der Fallschule stellt, als man das sonst gewohnt ist. Das Unterhalten selbst enthält Elemente, die grundlegend jedem Ringer bekannt sind, nutzt aber, wie eigentlich alle Techniken des Harnischkampfes, aktiv die Eigenschaften der Rüstung, speziell der des Gegners. Gefolgt wurde das Programm von einer Einheit an Mordaxt-Techniken präsentiert von Arne Koets selbst, die sich primär um die Handhabung der Waffe, weniger um die Details der Rüstungen drehten, und so auch bereits vielen Fechtern aus anderen Seminaren bekannt waren.
Den Abschluß des Trainingsteils bildete dann ein ausgedehnter Freikampfpart, bei dem die Teilnehmer nach Lust und Laune verschiedene Waffen, Mordaxt, Halbschwert, sogar waffenlos gegeneinander ausprobierten. Anschließend rief das gegenüber gelegene Restaurant zu einem großartigen Spanferkel, bevor der fachliche Abschluß des Tages dann von Dr. Tobias Capwell mit einem Vortrag über seine Erkenntnisse aus etlichen Jahren Forschung sowie dem praktischem Einsatz von Harnischen, und die daraus resultierenden Entwicklungsstufen, Anpassungen und Neugestaltungen seiner eigenen Rüstung geliefert wurde. Danach verteilten sich die Teilnehmer über die vielen Räume und den Hof des Anwesens, um sich in kleinen Grüppchen mit diversen Themen von fachlich bis Unterhaltung zu befassen.
Der Sonntag ähnelte dem Samstag im Aufbau stark. Begonnen wurde wieder mit einer Technikeinheit Rüstkampf, diesmal der Eingang in das Ringen und diverse Wurftechniken. Gefolgt wurde dies von weiteren Mordaxttechniken, und fachlich abgerundet von einem Vortrag von Andrey Bogdanov, der sich mit dem Fund eines frühen, für den Tjost optimierten Harnisches aus Russland und dessen reichlichen Besonderheiten befasste. Für manche folgte dann bereits die Abreise, andere rüsteten noch einmal für den Freikampf.
Alles in allem ein sehr erfolgreiches Wochenende mit guter Beteiligung, forderndem und interessantem Programm, das als Erfolg und hoffentlich Initialzündung für diese aufwendige aber spannende Spielart des historischen Fechten dient. Die Anwesenden waren sich jedenfalls durchweg einig, daß die Veranstaltung wiederholt werden sollte, und es steht zu hoffen, daß das Teilnehmerfeld sich noch ausweiten wird.
Ein besonderer Danke nochmal an die Organisatoren Arne und Siri, die nicht nur die Veranstaltung überhaupt organisiert haben, sondern dies auch in ihrem Zuhause taten. Ebenfalls Danke an die Plattner vor Ort, die nicht selten als Nothelfer Rüstungteile optimierten, Nieten ersetzten, und was der ad hoc Arbeiten mehr noch waren.