Review Thokk Weaponmaster Gauntlets (Probe)Do., 12.12.2019

Der ein oder andere mag sich noch entsinnen, vor langer Zeit gab es eine Reihe von Werbevideos zu einem revolutionären Handschuh, gefolgt von einem Crowdfunding für dessen Produktion, an dem sich auch Zornhau beteiligte, und das jeden erwarteten Rahmen sprengte. Die Rede ist vom „Thokk Weaponmaster Gauntlet“ Seitdem ist viel Zeit vergangen, aber untätig waren die Leute hinter der Aktion nicht. Unser Trainer Jens Peter war kürzlich als Referent auf einem Seminar in Bologna und hatte dort die Gelegenheit, einen der nun wohl bald letzten Prototypen zu testen.
Im Folge sein Review in seinen Worten und Bildern:

In Bologna erhielte ich die Gelegenheit mit dem Hersteller der neuen HEMA Handschuhe „Thokk Weaponmaster Gauntlets“ zu reden und das neueste Modell unter die Lupe zu nehmen. Das mir vorliegende Modell ist eine Probeproduktion, also noch nicht das finale Serienprodukt, aber schon sehr nahe dran.

Das Konzept der Weapon Master Gauntlets entspricht den historischen Vorbildern in mehrerer Hinsicht: er besteht aus einem Innen- und einem Außenhandschuh, die Form erinnert an einen Stundenglashandschuh, der Fingerschutz an einen gotischen Handschuh.
Der Innenhandschuh besteht aus weichem, sehr dünnem synthetischem Material an der Handinnenseite und einer Polsterung am Handrücken.  Über den Innenhandschuh wird der eigentliche Handschuh getragen, der wie eine Panzerung wirkt. Der Innenhandschuh befestigt sich selbst mit Klettverschlüssen an den Außenhandschuh beim Tragen. Der vorliegende Prototyp war dahingehend noch nicht abgeschlossen. Die Ursache waren die unterschiedlichen Fertigungsorte für den Innen- und den Außenhandschuh.

Der Außenhandschuh besteht aus mehreren Schichten von Material. Verbaut wurden verschiedene Schaumstoffe, vom Hartschaum bis zum Weichschaum. Die Schaumstoffe verhalten sich unterschiedlich, entsprechend ihrer Aufgaben. So verdichtet sich der Hartschaum unter schnell aufkommenden Druck noch mehr, so dass er einen hervorragenden Schutz gegen Schläge darstellt. Der Weichschaum nimmt Reibung weg und mindert das Durchdringen von Impulsen, an die Hand. Zusätzlich wurde noch Leder, Silikon und Kevlar verbaut. Ersteres als natürliches Material, das Schweiß weiterleiten kann, und Kevlar um die Haltbarkeit des Handschuhs zu erhöhen, sowie auch einen gewissen Schutz gegen Stiche zu bieten. Silikon kommt in der Innenseite zum Einsatz. Dieser für Fecht-Handschuhe ungewöhnliche Werkstoff erweist sich als recht praktisch, denn er erhöht die Reibung zu dem Griff der Waffe enorm.

Der Materialmix zeigt sich in der Konstruktionsweise positiv. So erlaubt der Hartschaum eine Art Gewölbedach über dem Handrücken und den Knöcheln. Dies garantiert gute Beweglichkeit, da keine statische Platte gegeben ist, aber gleichzeitig guten Schutz gegen die zu erwartetende Hiebrichtung. Durch den Hartschaum sind die Knöchel, Gelenke, die Finger und vor allen auch die Fingerkuppen gut geschützt. Die Fingerspitzen zu schützen ist enorm wichtig, aber auch schwierig zu bewerkstelligen. Denn die Fingerkuppen steuern bei vielen Waffen die Kontrolle. Auch hier zeigt die Konstruktion des Handschuhs eine Art Gewölbe über dem Fingernagel und ersten Knöchel. Dies nimmt Schläge auf und reduziert die Wahrscheinlichkeit einer Verletzung deutlich. Gleichzeitig bleibt trotz zwei Schichten Material (Innen- und Außenhandschuh) das Gefühl zur Waffe relativ gut erhalten. Deutlich besser als in vergleichbaren Modellen mit vergleichbarem Schutz.

In der Anwendung lassen sich Waffen gut greifen. Ich habe Seitschwerter mit Fingerring, Langschwerter, Messer damit getestet. Die Fingerringe müssen selbstredend recht weit gefasst sein, damit solche Handschuhe verwendet werden können. Insgesamt hatte ich ein gutes Griffgefühl. Natürlich ist dies durch den Handschuh eingeschränkt, auch merkt man, dass man zwei Schichten zwischen Hand und Griff hat. Doch das Silikon erzeugt einen guten Grip und hilft, das Gefühl von Kontrolle zu vermitteln.

Seitschwert und Langes Schwert lassen sich hervorragend damit fechten. Doch für das Lange Messer in hoher Kunst ist der Daumen in der jetzigen Konstruktion zu unbeweglich. Dies liegt an einem Panzerteil, das zwischen Daumen und Hand gesetzt wurde und in meinen Augen zu groß gestaltet wurde. Dies habe ich angesprochen und es wird vermutlich in kommenden Generationen angepasst.

Die Beweglichkeit des Handschuhs insgesamt ist gut bis zufriedenstellend. Dies in einem neuen Handschuh. Dabei ist zu beachten, dass die verwendeten Materialien abhängig von der Temperatur beweglicher werden. D.h. an kalten Tagen sollte man die Handschuhe eine kurze Zeit tragen, damit sie weicher werden. Da Leder grundsätzlich eingetragen werden muss, gehe ich davon aus, dass die Beweglichkeit noch besser wird, wenn der Träger damit ein paar Wochen gearbeitet hat. Dabei muss er nicht verzweifeln. Ich habe aus Spaß mit den Handschuhen am Abend Dart gespielt. Zwar habe ich nicht das Bullseye getroffen, aber grundsätzlich immer die Scheibe. Dies zeigt aber durchaus, dass die Handschuhe sich auch für etwas eignen, das eher Feinmotorik braucht.

In der Gesamtbetrachtung halte ich die Handschuhe für den nächsten Schritt hin zu guten 5-Finger-Handschuhen. Sie werden sicherlich nicht den schmerzfreien Schutz garantieren, wie die Panzerhandschuhe (Lobster). Doch sehe ich eine deutliche Minderung des Verletzungsrisikos, bei gleichzeitiger hoher Beweglichkeit und Eignung als Fechthandschuh. Ich hoffe, dass das finale Produkt die Versprechungen hält und weitere Verbesserungen aufweisen wird.